15.03.2016
SonntagsWorte Teil drei

Prof. Dr. Fabry im Kapitelsaal
Am Sonntag, 13. März, gingen die SonntagsWorte der Propsteigemeinde St. Viktor in die dritte Auflage. Prof. em. Dr. Heinz-Josef Fabry (71), Alttestamentler der Universität Bonn, besuchte den Dom. Zunächst predigte er in der Abendmesse, um sich dann anschließend zu einem Vortrag mit anschließender Diskussion in den Kapitelsaal zu begeben.
In seiner engagierten Predigt näherte sich Prof. Fabry dem Gott des Alten Testamentes. Das jüdische Volk hat die Geschichte überstanden, weil sie einen Gott haben, mit dem sie gut und schlecht leben können – aber vor allem können sie mit ihm leben. Anders als andere große Kulturvölker wie Perser, Griechen oder Römer, die mehrere Götter verehrten und längst Geschichte sind.
Er ging auf die Doppeldeutigkeit des Gottesbildes im Alten Testament ein: Der Gott Israels ist auch ein unbarmherziger und gewalttätiger Gott. Fabry erläuterte, dass man dieses Gottesbild zwar verstehen, aber nicht immer ertragen könne. Als Beispiel nannte er einen seiner Kollegen. Eine Diagnose, die ihm nur noch 3 Jahre zu leben gab, ließ ihn den Glauben verlieren – und das bei einem Theologen. Auch als er nach anderthalb Jahren verstarb, hatte er seinen Glauben nicht wiedergefunden. In diesem Zusammenhang warnte Fabry davor, Leid und Tod mit Schuld in Zusammenhang zu bringen. Wen Leid trifft, der ist nicht zwangsläufig schuldig geworden. Am Ende seiner Predigt sagte Fabry, dass er darum bete, „dass mir nicht die Kraft fehlen möge, mit meinem Gott zu ringen, falls mir Unbarmherzigkeit begegnet.“
Im gut gefüllten Kapitelsaal hielt Professor Fabry dann seinen Vortrag mit dem Titel: „Der untreue Gott und sein treues Volk“. Das alttestamentarische Gottesbild ist stark von den Göttern des Orients beeinflusst. Gab es dort Götter für jeden Anlass, für die positiven und die negativen, musste der jüdische Gott alles auf sich vereinen – daraus ergibt sich seine Vielschichtigkeit. Wenn man sich allerdings die Psalmen genau anschaut, kann man feststellen, dass die Verben, die dort verwendet werden, zu 95% positiv sind. Nur 5% zeigen einen grausamen, unbarmherzigen, strafenden Gott. Das Volk Israel ist davon überzeugt, dass Gott sein Volk liebt und beschützt. Dafür erwartet er „Widerliebe“. Das wird auch im zweiten der zehn Gebote deutlich.
Im neuen Testament entwickelt sich dann das Gottesbild zu einem barmherzigen Gott. Zorn ist dort kein Thema mehr. „Die Ambivalenz des Gottesbildes wird aufgehoben.“
Fabry stellte fest, dass viele Christen sich den Widersprüchen, die sich zwischen dem Alten und dem Neuen Testament ergeben, nicht mehr stellen wollen. „Wir können uns auf unseren Gott verlassen – ob es uns gut oder schlecht geht. Wir haben keinen anderen.“
Kaplan Dr. Oliver Rothe dankte dem Referenten des Abends und verwies auf den nächsten Termin am 10. April um 18.30 Uhr. In Vertretung des leider an Krebs erkrankten Weihbischofs Dieter Geerlings wird der niederrheinische Weihbischof Wilfried Theising sich dem Thema der Reihe nähern.
lam